Argumentationsanalyse

Tafel 1.1: Pro-Kontra-Liste "Staatliche Zensur" im Debater's Handbook

Kapitel 1 Pro-Kontra-Liste
[Staatliche Zensur]
  + <Pro1>: Freie Meinungsäußerung ist niemals ein absolutes Recht, sondern 
    ein erstrebenswertes Ziel. Sie hört auf, ein Recht zu sein, wenn wegen ihr
    andere Personen Schaden nehmen -- wir alle anerkennen beispielsweise die 
    Bedeutung der Gesetzgebung gegen Volksverhetzung. Deshalb ist es nicht der 
    Fall, dass Zensur prinzipiell falsch ist.
  - <Con1>: Zensur ist prinzipiell falsch. Wie heftig wir auch dem Standpunkt 
    oder den Äußerungen einer Person widersprechen mögen, in einer 
    zivilisierten Gesellschaft muss sie frei sein, sich so zu äußern. Zensur, 
    wie etwa die Gesetzgebung gegen Volksverhetzung, treibt Rassisten und 
    andere nur in den Untergrund, sodass dieser Teil unserer Gemeinschaft
    ghettoisiert wird und sich verschanzt, anstatt dass seine Mitglieder in 
    eine offene und vernünftige Debatte einbezogen werden.
  + <Pro2>: Bestimmte Literaturformen oder visuelle Darstellungen sind auf 
    überzeugende Weise mit Kriminalität in Verbindung gebracht worden. Es ist 
    nachgewiesen (besonders durch Studien in den USA), dass exzessiver Sex und 
    Gewalt in Film und Fernsehen eine Tendenz zu ähnlichem Verhalten seitens 
    der Zuschauer befördern. Dafür gibt es keine Entschuldigung und derartige 
    Bilder müssen preisgegeben werden, ganz gleich von welchem künstlerischen 
    Wert sie sein mögen. 
  - <Con2>: Tatsächlich ist der Zusammenhang zwischen Sex und Gewalt auf der 
    Mattscheibe und im echten Leben alles andere als klar. Aus einem anderen 
    Blickwinkel betrachtet ist es so, dass die Personen, die *bereits eine 
    Tendenz* zu Gewalt haben, sehr wahrscheinlich auch gewalttätige Horrorfilme 
    schauen. Die zwei Dinge hängen daher zusammen, aber die Persönlichkeit des 
    Individuums bildet sich zuerst.
  + <Pro3>: Wir akzeptieren auch staatliche Zensur im Kontext der 
    Altersfreigaben für Filme, Videos und einige Computerspiele, so dass Kinder 
    unterhalb eines bestimmten Alters nicht unangemessenen Sex- und 
    Gewaltszenen ausgesetzt sind. Wir sollten den Staat, als unseren 
    moralischen Wächter, mit der Regulierung derartigen Materials -- sowie 
    weiterer im Internet verfügbarer Inhalte --   betrauen, um einen 
    konsistenten Schutz all unserer Kinder zu gewährleisten. Sex und Gewalt in 
    Zeitschriften und im Fernsehen sollten für Kinder so unzugänglich wie 
    möglich sein – pornographische Zeitschriften dürfen nur unter Vorweis eines 
    Ausweises an Erwachsene verkauft werden, und Sexfilme sollten nur spät 
    abends im Fernsehen laufen.   
  - <Con3>: Derartige Formen staatlicher Regulierung sind notorisch 
    wirkungslos. Kinder jedweden Alters haben Zugang zu Videos, Spielen und 
    Onlineinhalten mit "Altersfreigabe 18", wenn sie es wirklich wollen. 
    Letztendlich kann und muss der einzig effektive Schutz der Kinder vor 
    unangemessenen Inhalten von den Eltern kommen. Und dieser Schutz ist keine 
    staatliche Zensur, sondern basiert auf individueller Wahl und Kontrolle der 
    Eltern. Dort gehören solche  Entscheidungen hin.
  + <Pro4>: Wir benötigen staatliche Zensur insbesondere im Kontext von Kinder- 
    und Hardcore-Pornographie. Kinder sowie junge Frauen und Männer müssen vor 
    der Ausbeutung durch Pornografen geschützt werden. Und die Gesellschaft als 
    Ganzes sollte vor den schäbigen, ungesunden, unterdrückerischen und 
    objektifizierenden Einstellungen zu Frauen und Sex geschützt werden, die 
    von der Pornographie aufrecht erhalten werden.  
  - <Con4>: Nochmals: Leute werden Pornographie in die Hände bekommen, sodenn 
    sie es wollen. Zensur wird die Anzahl derer, die Pornographie nutzen, nicht 
    verändern. Es ist Aufgabe der Eltern und der Gemeinschaft, Kinder so zu 
    erziehen, dass sie gesunde Einstellungen haben -- und es ist nicht Aufgabe 
    des Staates, unwirksame Gesetzgebung darüber zu erlassen, welche Arten von 
    Fotos veröffentlicht werden dürfen. Letztendlich werden pornographische 
    Bilder und Filme keinen wirklich schädlichen Einfluss auf einen 
    ausgeglichenen Geist haben. Pornographie hat nur auf diejenigen einen 
    heimtückischen Einfluss, die ohnehin aus anderen Gründen unausgeglichen 
    sind. Der Verweis auf Kinderpornographie führt hier in die Irre -- denn 
    Kinderpornografie ist bereits gesetzlich untersagt und wir benötigen keine 
    weiteren Zensurgesetze, um sie zu bekämpfen. 
  + <Pro5>: Wir benötigen staatliche Zensur, um öffentliche Personen vor 
    inakzeptablen Einmischungen durch die Regenbogenpresse zu schützen. 
    Gesetzgebung zum Schutz der Privatsphäre wäre ein gutes Beispiel für 
    zulässige Zensur. Gerichte können bereits Verfügungen erlassen, mit denen 
    Zeitungen die Veröffentlichung von Inhalten, von denen eine Gefahr für ein 
    Individuum ausgeht (wie zum Beispiel der Aufenthaltsort eines mutmaßlichen 
    Pädophilen oder eines Kriminellen, der aus dem Gefängnis entlassen wurde), 
    untersagt wird.     
  - <Con5>: Grundsätzlich sollten Zeitungen nicht auf diese Weise "geknebelt" 
    werden. Wenn ein Mob entschieden ist, den Aufenthaltsort eines Kriminellen 
    ausfindig zu machen, wird ihm das auch ohne Hilfe der Presse gelingen, 
    solange das fragliche Individuum keinen Schutz oder eine neue Identität von 
    der Polizei erhält. Bezüglich der Privatsphäre: öffentliche Personen 
    akzeptieren, dass ihr Leben  öffentliches Eigentum wird, wenn sie die 
    öffentliche Bühne betreten. Außerdem können sie rechtliche Schritte wegen 
    Verleumdung oder Diffamierung einleiten. Die entsprechenden Gesetze, 
    gemeinsam mit Selbstregulierung, und nicht staatliche Zensur, sind der 
    richtige Weg, die Medien zu regulieren.
Argument Map n0 Staatliche Zensur n1 Pro1 Freie Meinungsäußerung ist niemals ein absolutes Recht, sondern ein erstrebenswertes Ziel. Sie hört auf, ein Recht zu sein, wenn wegen ihr andere Personen Schaden nehmen -- wir alle anerkennen beispielsweise die Bedeutung der Gesetzgebung gegen Volksverhetzung. Deshalb ist es nicht der Fall, dass Zensur prinzipiell falsch ist. n1->n0 n2 Con1 Zensur ist prinzipiell falsch. Wie heftig wir auch dem Standpunkt oder den Äußerungen einer Person widersprechen mögen, in einer zivilisierten Gesellschaft muss sie frei sein, sich so zu äußern. Zensur, wie etwa die Gesetzgebung gegen Volksverhetzung, treibt Rassisten und andere nur in den Untergrund, sodass dieser Teil unserer Gemeinschaft ghettoisiert wird und sich verschanzt, anstatt dass seine Mitglieder in eine offene und vernünftige Debatte einbezogen werden. n2->n0 n3 Pro2 Bestimmte Literaturformen oder visuelle Darstellungen sind auf überzeugende Weise mit Kriminalität in Verbindung gebracht worden. Es ist nachgewiesen (besonders durch Studien in den USA), dass exzessiver Sex und Gewalt in Film und Fernsehen eine Tendenz zu ähnlichem Verhalten seitens der Zuschauer befördern. Dafür gibt es keine Entschuldigung und derartige Bilder müssen preisgegeben werden, ganz gleich von welchem künstlerischen Wert sie sein mögen. n3->n0 n4 Con2 Tatsächlich ist der Zusammenhang zwischen Sex und Gewalt auf der Mattscheibe und im echten Leben alles andere als klar. Aus einem anderen Blickwinkel betrachtet ist es so, dass die Personen, die bereits eine Tendenz zu Gewalt haben, sehr wahrscheinlich auch gewalttätige Horrorfilme schauen. Die zwei Dinge hängen daher zusammen, aber die Persönlichkeit des Individuums bildet sich zuerst. n4->n0 n5 Pro3 Wir akzeptieren auch staatliche Zensur im Kontext der Altersfreigaben für Filme, Videos und einige Computerspiele, so dass Kinder unterhalb eines bestimmten Alters nicht unangemessenen Sex- und Gewaltszenen ausgesetzt sind. Wir sollten den Staat, als unseren moralischen Wächter, mit der Regulierung derartigen Materials -- sowie weiterer im Internet verfügbarer Inhalte -- betrauen, um einen konsistenten Schutz all unserer Kinder zu gewährleisten. Sex und Gewalt in Zeitschriften und im Fernsehen sollten für Kinder so unzugänglich wie möglich sein – pornographische Zeitschriften dürfen nur unter Vorweis eines Ausweises an Erwachsene verkauft werden, und Sexfilme sollten nur spät abends im Fernsehen laufen. n5->n0 n6 Con3 Derartige Formen staatlicher Regulierung sind notorisch wirkungslos. Kinder jedweden Alters haben Zugang zu Videos, Spielen und Onlineinhalten mit "Altersfreigabe 18", wenn sie es wirklich wollen. Letztendlich kann und muss der einzig effektive Schutz der Kinder vor unangemessenen Inhalten von den Eltern kommen. Und dieser Schutz ist keine staatliche Zensur, sondern basiert auf individueller Wahl und Kontrolle der Eltern. Dort gehören solche Entscheidungen hin. n6->n0 n7 Pro4 Wir benötigen staatliche Zensur insbesondere im Kontext von Kinder- und Hardcore-Pornographie. Kinder sowie junge Frauen und Männer müssen vor der Ausbeutung durch Pornografen geschützt werden. Und die Gesellschaft als Ganzes sollte vor den schäbigen, ungesunden, unterdrückerischen und objektifizierenden Einstellungen zu Frauen und Sex geschützt werden, die von der Pornographie aufrecht erhalten werden. n7->n0 n8 Con4 Nochmals: Leute werden Pornographie in die Hände bekommen, sodenn sie es wollen. Zensur wird die Anzahl derer, die Pornographie nutzen, nicht verändern. Es ist Aufgabe der Eltern und der Gemeinschaft, Kinder so zu erziehen, dass sie gesunde Einstellungen haben -- und es ist nicht Aufgabe des Staates, unwirksame Gesetzgebung darüber zu erlassen, welche Arten von Fotos veröffentlicht werden dürfen. Letztendlich werden pornographische Bilder und Filme keinen wirklich schädlichen Einfluss auf einen ausgeglichenen Geist haben. Pornographie hat nur auf diejenigen einen heimtückischen Einfluss, die ohnehin aus anderen Gründen unausgeglichen sind. Der Verweis auf Kinderpornographie führt hier in die Irre -- denn Kinderpornografie ist bereits gesetzlich untersagt und wir benötigen keine weiteren Zensurgesetze, um sie zu bekämpfen. n8->n0 n9 Pro5 Wir benötigen staatliche Zensur, um öffentliche Personen vor inakzeptablen Einmischungen durch die Regenbogenpresse zu schützen. Gesetzgebung zum Schutz der Privatsphäre wäre ein gutes Beispiel für zulässige Zensur. Gerichte können bereits Verfügungen erlassen, mit denen Zeitungen die Veröffentlichung von Inhalten, von denen eine Gefahr für ein Individuum ausgeht (wie zum Beispiel der Aufenthaltsort eines mutmaßlichen Pädophilen oder eines Kriminellen, der aus dem Gefängnis entlassen wurde), untersagt wird. n9->n0 n10 Con5 Grundsätzlich sollten Zeitungen nicht auf diese Weise "geknebelt" werden. Wenn ein Mob entschieden ist, den Aufenthaltsort eines Kriminellen ausfindig zu machen, wird ihm das auch ohne Hilfe der Presse gelingen, solange das fragliche Individuum keinen Schutz oder eine neue Identität von der Polizei erhält. Bezüglich der Privatsphäre: öffentliche Personen akzeptieren, dass ihr Leben öffentliches Eigentum wird, wenn sie die öffentliche Bühne betreten. Außerdem können sie rechtliche Schritte wegen Verleumdung oder Diffamierung einleiten. Die entsprechenden Gesetze, gemeinsam mit Selbstregulierung, und nicht staatliche Zensur, sind der richtige Weg, die Medien zu regulieren. n10->n0

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