<Argument geistiger Vervollkommnung>
<- <Erkenntnis durch Belehrung>: Man kann die Gründe seiner
Meinung sehr wohl ohne freie Diskussion einsehen, nämlich
indem man über die relevanten Gründe belehrt wird.
<+ <Geometrie>: Man erwirbt Wissen über geometrische
Sachverhalte, indem man die Beweise studiert, ohne eine
Gegenposition frei und kontrovers zu diskutieren.
<- <Sonderfall Mathematik>: Bei der Mathematik handelt
es sich um einen Sonderfall, insofern es praktisch
keine Einwände, sondern nur Beweise gibt. Bereits in
den Naturwissenschaften muss man Pro- und Kontra-
Gründe zur Kenntnis nehmen und abwägen; erst recht
gilt dies für jede praktische Deliberation.
<Kein Wissen ohne Gegengründe>: Wer zwar die Gründe für eine These
kennt, aber nicht imstande ist, die Argumente der gegnerischen
Seite zu widerlegen, oder nicht einmal weiß, worin sie bestehen,
sollte keiner von beiden Meinungen den Vorzug geben und sich
vernünftigerweise eines Urteils enthalten.
<- <Belehrung über Gegengründe>: Man kann die Gründe für und
Einwände gegen seine Meinungen sowie deren Entkräftungen
sehr wohl ohne freie Diskussion einsehen, nämlich indem man
über die relevanten Argumente belehrt wird.
<- <Belehrung ohne Wucht>: Um die Einwände gegen seine
Überzeugungen wirklich zu erkennen und deren Gewicht
adäquat einschätzen zu können, muss man die "ganze Wucht
der Schwierigkeiten fühlen", auf welche die eigene
Ansicht trifft. Das setzt voraus, die Einwände in ihrer
glaubwürdigsten und überzeugendsten Form kennenzulernen.
Und dazu genügt es nicht, die gegnerischen Argumente von
seinen eigenen Lehrern zu hören, stattdessen muss man sie
von Personen hören, die tatsächlich an sie glauben, die
sie im Ernst verteidigen und ihr Äußerstes dafür geben.
<+ <Holismus-Argument>: Man überschaut nur dann die Erklärungs-
und Rechtfertigungsbeziehungen in seinem Überzeugungssystem,
man erkennt nur dann, dass Tatsachen, die sich dem Anschein
nach widersprechen, miteinander vereinbar sind, und man sieht
nur dann, dass von zwei scheinbar gleich starken Gründen dem
einen und nicht dem anderen der Vorzug zu geben ist, wenn man
neben den Gründen auch die Einwände gegen eine These und
deren Entkräftungen kennt. Das setzt voraus, sich beiden
Seiten gleichermaßen und unparteiisch zuzuwenden.