<Das epistemische Master-Argument>
(1) Man erkennt höchstens dann, dass eine Meinung gut begründet
ist, wenn man die Rechtfertigungs- und Erklärungsbeziehungen
innerhalb seines Überzeugungssystems, die für eine bestimmte
Meinung relevant sind, überblickt.
(2) Die Rechtfertigungs- und Erklärungsbeziehungen innerhalb
seines Überzeugungssystems, die für eine bestimmte Meinung
relevant sind, überblickt man nur dann, wenn man sämtliche
Gründe, die für und gegen diese Meinung sprechen, kennt und
deren Gewicht adäquat einschätzen kann.
(3) Abgesehen von mathematischen Einsichten kennt man nur dann
sämtliche Gründe, die für und gegen eine Meinung sprechen, und
kann deren Gewicht nur dann adäquat einschätzen, wenn man
insbesondere die Einwände in ihrer glaubwürdigsten und
überzeugendsten Form kennengelernt hat.
(4) Man lernt Einwände nur dann in ihrer glaubwürdigsten und
überzeugendsten Form kennen, wenn man sie von Personen hört,
die tatsächlich an sie glauben, die sie im Ernst verteidigen
und ihr Äußerstes dafür geben.
(5) Man hört Einwände gegen eine Meinung nur dann von Personen,
die tatsächlich an sie glauben, die sie im Ernst verteidigen
und ihr Äußerstes dafür geben, wenn diese Meinung frei
diskutiert wird.
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(6) Abgesehen von mathematischen Einsichten erkennt man höchstens
dann, dass eine Meinung gut begründet ist, wenn diese Meinung
frei diskutiert wird.
(7) Erkennt man nur dann, dass eine Meinung gut begründet ist,
wenn diese Meinung frei diskutiert wird, so ist die freie
Diskussion dieser Meinung eine Bedingung, die ihre rationale
Erkenntis überhaupt erst möglich macht.
(8) Für jede Meinung gilt: Die Bedingungen, die rationale Erkenntis
dieser Meinung überhaupt erst möglich machen, sollten erfüllt
sein.
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(9) Abgesehen von mathematischen Einsichten sollten alle Meinungen
frei diskutiert werden.